23.09.2025 • PraxisberichteDechemaMINTWirtschaft

MINT-Bildung in der Krise: Wie Deutschland seine Technologie-Führerschaft retten kann

MINT-Experten warnen: Der Fachkräftemangel bedroht Wirtschaftsstandort Deutschland massiv. Das Dechema-Positionspapier 2024 fordert strukturelle Reformen in Bildung, Lehrerausbildung und Studiengängen. Dr. Julia Schüller (BASF), Prof. Andreas Liese (TU Hamburg) und Prof. Johannes Buyel (BOKU Wien) identifizieren vier Kernbereiche: Schülerförderung, attraktiveren Schuldienst, praxisnahe MINT-Ausbildung und koordinierte Initiativen. KI verändert die Anforderungen an die Ausbildung fundamental.

Interview mit Prof. Andreas Liese, TU Hamburg; Dr. Julia Schüller, BASF und Prof. Johannes Buyel, BOKU University Wien

MINT-Fachkräftemangel bedroht Deutschlands Wirtschaftsstandort: Dechema-Experten fordern Handeln

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© fotogestoeber - stock.adobe.com

Vor rund einem Jahr hat die Dechema gemeinsam mit anderen Organisationen ein Papier veröffentlicht „MINT-Fachkräftemangel gefährdet unseren Wohlstand – Gemeinsames Handeln notwendig“. Was war der Anlass dafür?

Prof. Andreas Liese: Der unmittelbare Anlass war die sich immer deutlicher abzeichnende Lücke an qualifizierten Fachkräften in den MINT-Bereichen, insbesondere in der Chemie, Biotechnologie und den Ingenieurwissenschaften. Der Fachkräftemangel bedroht inzwischen nicht nur einzelne Unternehmen oder Branchen, sondern entwickelt sich zu einer gesamtwirtschaftlichen Herausforderung.

Prof. Johannes Buyel: Und da müssen wir an mehreren Hebeln ansetzen: Es ist nicht nur das Interesse oder die Wertschätzung für die MINT-Fächer bei jungen Leuten. Wir müssen auch feststellen, dass es in den nächsten Jahren eine massive Unterdeckung in Bezug auf neue Lehrerinnen und Lehrer in den MINT-Fächern geben wird. Daraus folgt, dass zum einen weniger gut vorgebildete Menschen für die Ausbildung in der Industrie und ebenso für die akademische Weiterbildung zur Verfügung stehen. Dadurch ist ein Abrutschen Deutschlands im europäischen und internationalen Vergleich in den Bereichen chemische Industrie sowie Biotechnologie aber auch diversen Grundlagenforschungsfeldern zu befürchten.

Dr. Julia Schüller: Als Führungskraft in der Industrie sehe ich täglich, wie wertvoll gut ausgebildete MINT-Absolventinnen und -Absolventen sind. Doch ohne eine starke schulische Basis und gezielte Förderung entlang der gesamten Bildungskette – von der Grundschule bis zur Hochschule – bleibt das Potenzial vieler junger Talente ungenutzt. Und ja, für die chemische Industrie sind gut ausgebildete Fachkräfte aus dem MINT-Bereich eine Grundvoraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg und die Erreichung unserer ambitionierten Nachhaltigkeitsziele.

Welche Erfahrungen haben Sie beim Erstellen des Papiers gemacht? Wie einfach war es, Mitunterzeichner zu finden?

J. Schüller: Die Erstellung des Papiers hat mir erneut vor Augen geführt, dass Hochschulen, Verbände und Wirtschaftsunternehmen hier klar an einem Strang ziehen. Wir blicken aus unterschiedlichen Perspektiven auf dasselbe Phänomen und können in unseren jeweiligen Einflussrahmen gezielt und abgestimmt agieren. Es hat Spaß gemacht, unseren Standpunkt und unsere Wünsche gemeinschaftlich zu Papier zu bringen.

A. Liese: Das Thema brennt vielen Akteuren unter den Nägeln, und es bestand von Anfang an Konsens darüber, dass wir die MINT-Förderung und -Bildung in Deutschland strukturell und strategisch verbessern müssen.

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